Der Ursprung als Tischspiel (England, 15. – 17. Jhd.)
Die Geschichte des Shuffleboard beginnt nachweislich spätestens im 15. Jahrhundert in England. Seinerzeit wurde zunächst in aristokratischen Kreisen, später aber auch in Tavernen ein Tischspiel populär, bei dem man Geldstücke so nah wie möglich an die Tischkante gleiten lassen musste. Nach und nach wurde dieses als „Shoveboard“, „Shovelboard“, „Shovegroat“, „Slidegroat“ oder „Shovelpenny“ bekannte Spiel verfeinert, die Geldstücke (Groschen oder Pennies) mussten nun in aufgezeichneten Punktefeldern zum Ruhen kommen. Da das Spiel mit ausufernden Wetten um Geld und Drinks verbunden wurde und die Untertanen von der Arbeit abhielt, verfügte König Heinrich VIII. (1491 – 1547) im Jahre 1522 per Erlass, dass Shuffleboard nur noch von der Aristokratie gespielt werden durfte.
Heinrich VIII. spielte weiterhin Shuffleboard und verlor bisweilen. So belegen die Aufzeichnungen über die königlichen Aufwendungen von 1532 eine Zahlung von neun Pfund, ‚Paied to my lord Wylliam for that he wanne of the kinges grace at shovillaborde‘.
Wie die meisten Verbote war auch dieses auf Dauer recht wirkungslos. Während sich die Oberschicht dem Billard zuwandte, erlangte das Spiel um 1600 erneute Beliebtheit in den Tavernen. Im deutschsprachigen Raum wurde diese Form des Zeitvertreibs als „Beilkespiel“ bekannt und ist heute in der Form des Jakkolo (ndl. „Sjoelbak“) als Brettspiel populär. Aber auch Curling und Eisstockschießen haben die gleichen Wurzeln wie unser Shuffleboard.
Die Anfänge in Amerika (17. – 19. Jhd.)
Mit den Auswanderern aus England fand das Spiel bereits früh seinen Weg an die Ostküste der USA. Eine zweifelhafte Bekanntheit erlangte Shuffleboard durch das Drama „The Crucible“ (1953, dt. „Hexenjagd“) von Arthur Miller, in dem Bridget Bishop (historisch: Sarah Bishop) eine Taverne mit Shuffleboard betreibt. Sie wurde wegen Hexerei angeklagt, verurteilt und als erste von 20 Personen am 10.06.1692 hingerichtet. Im Jahre 1848 entschied ein Gericht in New Hanover (Pennsylvania), dass es sich bei Shuffleboard um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein Glücksspiel handele. Der angeklagte Barbetreiber wurde freigesprochen und das fortan legale Spiel immer populärer.
Vom Tisch- zum Deckspiel (ab 1870)
Parallel dazu wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Ozeanreisen immer beliebter. Neben anderen Spielen wurde an Bord auch Shuffleboard gespielt, zunächst weiterhin als Tischspiel. Es muss zwischen 1870 und 1880 gewesen sein, als das Spiel weg vom Tisch auf die Decks der Ozeandampfer verlegt wurde. Unterschiedliche Quellen bezeichnen entweder einen Angestellten der P & O Cruise Lines oder Passagiere der White Star Line als Urheber. Die Münzen wurden durch schwere Holzscheiben ersetzt, die man nun mit langen Stangen über die Planken stieß. Shuffleboard (von einigen Reedereien auch „Deck Billards“ oder „Peel Billards“ genannt) in seiner heutigen Form als Feldspiel war geboren und wurde fortan zum Synonym für den Zeitvertreib an Bord.
Die jetzt sehr viel größere Spielfläche zeichnete man mit Kreide auf die Planken. Das Punktefeld setzte sich aus einem Quadrat, das in neun kleinere Quadrate unterteilt war, und aus einem durch das grosse Quadrat in zwei Halbkreise geteilten Kreis zusammen. Jedes der elf Felder wurde mit einer Zahl versehen, wobei die in den Quadraten stehenden Zahlen 1 bis 9 waagrecht, senkrecht und diagonal jeweils die Summe von 15 ergaben. Für die Halbkreise setzte sich die Markierung mit 10 bzw. -10 durch (siehe Bild). Mit der Zeit normierten die Reedereien die anfänglich vom jeweiligen Zeichner abhängige Grösse der Punktefelder. Standard wurde im Lauf der Jahre eine Größe von einem Fuß (30,48 cm) je Zahlenquadrat. Daraus ergab sich insgesamt ein Punktefeld mit einer Breite von 3 und einer Länge von 6 Fuß (91,44 x 182,88 cm).
Unterschiedlich hingegen die Entfernung der Linie, von der aus gespielt wurde: 28 Fuß für „Ladies“ (ca. 8,53 m) bzw. 37 Fuß (ca. 11,28 m) für „Gentlemen“. Die vier Holzscheiben je Spieler hatten (wie heute) meist einen Durchmesser von 6 Zoll (ca. 15,24 cm). Irgendwann kam man darauf, ein weiteres Spielfeld gegenüberliegend aufzuzeichnen. So sparten sich die Spieler einen Weg oder es konnten am gegenüberliegenden Ende zwei Spieler aktiv sein. Bereits damals galten die gleichen Spielregeln wie heute, wobei der jeweilige Verlierer die nächste Partie zu beginnen hatte und damit seinem Kontrahenten den Vorteil der letzten Scheibe (der sogenannte „hammer“) überlassen musste. Gewinner war derjenige, der eine vorher festgelegte Punktzahl (in der Regel 50, 75 oder 100 Punkte) erreichte.
Ab Mitte der 1920er Jahre ließ die enorme Popularität dieses Deckspiels nach, ein Grund hierfür war sicherlich das Aufkommen der Bordkinos. Doch noch heute gehört Shuffleboard auf den meisten Kreuzfahrtschiffen zum festen Freizeitangebot. So hat die GSA 2006 zunächst eine Spielbahn und aufgrund der großen Nachfrage der Kreuzfahrtgäste kurz darauf eine zweite Spielbahn (Polycourts) an Bord der „MS Amadea“ geliefert.
Vom Deckspiel zur Sportart (ab 1913)
Erst 1913 schaffte Shuffleboard den Sprung auf festen Boden, als Mr. and Mrs. Robert Ball in ihrem Lynhurst Hotel in Daytona Beach (im Nordosten von Florida) ihr Freizeitangebot erweiterten. In kürzester Zeit wurde ein Boom ausgelöst, überall im Land entstanden nun Spielbahnen auf Beton im Freien. Zunächst meist in Verbindung mit Urlaubshotels, in den frühen 1920er Jahren aber auch mehr und mehr eigenständige Clubanlagen. St.Petersburg (an der Nordwestküste von Florida) entwickelte sich zum Zentrum der Welt des Shuffleboards.
Hier wurde am 24.01.1924 der „Mirror Lake Shuffleboard Club“ gegründet (1932 umbenannt in „St. Petersburg Shuffleboard Club, Inc.“) und die heute noch gültigen Spielregeln festgelegt. Wurde zuvor noch meist mit dem quadratischen Punktefeld gespielt, setzte sich nun das dreieckige Punktefeld (10, 8, 7, -10) durch. Der „Mirror Lake Shuffleboard Club“ war auch wesentlich an der Gründung der „National Shuffleboard Association“ im Jahre 1931 in St.Petersburg beteiligt. Im selben Jahr fanden bereits erste nationale Meisterschaften für Männer statt, 1932 auch für Frauen. In den nächsten beiden Jahrzehnten breitete sich Shuffleboard über den ganzen Kontinent aus, die „Works Projects Administration (WPA)“ ließ etliche Spielbahnen sogar auf Spielplätzen bauen.
Die Blütezeit des Shuffleboard wurde in den 1950er Jahren erreicht. Der „St. Petersburg Shuffleboard Club“ z.B. hatte rund 5.000 Mitglieder, die auf 110 Spielbahnen (siehe Bild, derzeit noch 65) aktiv waren. Für Zuschauer wurde bereits 1939 eine große überdachte Tribüne errichtet, die heute noch existiert. Seit den 1960er Jahren war ein stetiger Rückgang der Popularität von Shuffleboard zu verzeichnen. Einerseits gab es Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Shuffleboard-Ligen, andererseits weckten neue Sportarten und Unterhaltungsformen wie TV und später z.B. Video andere Interessen. Hauptversäumnis war es jedoch, sich nicht intensiv um den Nachwuchs zu kümmern, so dass Shuffleboard bis in die jüngste Zeit als „Rentnersport“ verkannt wird.
Shuffleboard wird International (ab 1979)
Die „International Shuffleboard Association (ISA)“ wurde am 10.03.1979 gegründet, wiederum in St. Petersburg. Ziel war es, das seinerzeit nur auf dem nordamerikanischen Kontinent bekannte Shuffleboard weltweit populärer zu machen und durch internationale Wettbewerbe zu fördern. So fanden 1981 in Muskegon (Michigan, USA) erstmals ISA Mannschafts-Weltmeisterschaften statt, neben den USA und Kanada zunächst nur mit Japan (nationaler Verband gegründet 1979) als Teilnehmern. Australien (1993), Brasilien (1996) und zuletzt Deutschland (2005) gründeten ebenfalls nationale Verbände und nehmen seither jährlich an diesem einwöchigen Wettbewerb teil.
In den 1990er Jahren wurde die „National Shuffleboard Hall of Fame“ zunächst provisorisch in St.Petersburg eingerichtet, kurz darauf zog man in den „Clearwater Shuffleboard Club“ (25 km nördlich, 52 Spielbahnen) um. Dort befindet sich heute auch die „International Shuffleboard Hall of Fame“. Wichtig zur Steigerung der Bekanntheit von Shuffleboard sind auch die von einer internationalen Reisegruppe durchgeführten „Inaugurals“. Diese fanden z.B. 1995 (Simbabwe), 2000 (Irland), 2003 (Dänemark/Norwegen/Schweden) und 2004 (Eastbourne/England) statt, im Frühjahr 2008 kombinierte man Amsterdam/Niederlande und Langenselbold/Deutschland.
Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entwicklung von Alternativen zu den heute noch dominierenden Beton-Spielbahnen. Mitte der 1980er Jahre bot Sandy Myers (Kanada) erstmals Rollout-Courts an (ausrollbare dünne Kunststoffmatten), so dass man Hallen nutzen und so auch in klimatisch weniger begünstigten Regionen rund ums Jahr spielen konnte. Eine Weiterentwicklung sind die u.a. von der Fa. „Allen R. Shuffleboard Co. Inc.“ vertriebenen Polycourts (massive, demontierbare Spielbahnen aus Kunststoff), welche von der GSA in Deutschland bevorzugt werden. Das Design wurde seit 1988 mehrfach geändert, auf die aktuelle Oberfläche besitzt dieser älteste noch existierende exklusive Anbieter von Shuffleboard-Equipment (gegr. 1941 in St.Petersburg) ein Patent des US Government (siehe Bild weiter oben an Deck der MS Amadea).
Sebastian Runge, 07/2007 – 01/2010
Quellen u.a.: http://www.sportsknowhow.com/shuffleboard/history/shuffleboard-history.shtml
http://www.titanicverein.ch/pdf/Tipo_Nr36.pdf
http://www.stpete.org/Shuffleboard.htm